Aufgrund mangelnder Optionen, geht es für mich nach meinem längeren Abstecher durch ruhige und oft dschungelartige Gebiete erst einmal wieder auf der Hauptstraße weiter. Diese ist zwar sehr verkehrsreich, dafür ist mir ein schnelles Vorankommen garantiert. Und trotz eines Gegenwinds und ein hügeligem Terrain, schaffe ich so einen Kilometerstand von über 120 am ersten Tag.
Am zweiten Tag auf der Hauptstraße entdecke ich in der Stadt Pleiku eines der besten Restaurants bis dato. Für alle die vegan oder vegetarisch unterwegs sind, ist die App oder Website HappyCow mehr als empfehlenswert. In den meisten größeren Städten kann sie einem pflanzliche Optionen der Verköstigung auflisten.
Was ich auf meinem Weg durch Vietnam immer wieder zu Gesicht bekomme ist, wie furchtbar doch oft mit den Tieren umgegangen wird. Auf kleinsten Raum, in winzigen Käfigen, transportieren Motorräder Hühner, Gänse, Ziegen, Schweine und auch Hunde. Das leidvolle Quicken, Schnattern oder Bellen würde man am liebsten überhören. Dass der Transport wohl oft unausweichlich beim Schlachter enden wird, ist auszumalen. Ja, auch Hunde stehen hier auf der Speisekarte. Und so ist das Abbild dieses Hundes auf dem Schild vor einem Restaurant wohl nicht das Abbild eines Haustieres.
Ich will den Hund aber gar nicht im Besonderen herausgreifen. Wir reagieren bloß emotionaler auf die Schlachtung eines Hundes, da wir Hunde als Freunde ansehen. Die Intelligenz eines Schweins steht der eines Hundes aber nicht nach. Mir tuen aber alle Tiere Leid, ob Hund oder Schwein, Kröte oder Krabbe.
Aber zu erfreulicheren Themen. 50 Kilometer nach Pleiku, in der Stadt Kontum, stoße ich gegen Mittag auf zwei Motorradreisende. Wir kommen ins Gespräch, trinken einen Kaffee und da wir ungefähr die gleiche Anzahl an Tageskilometern machen, beschließen wir für heute Abend das gleiche Ziel anzupeilen. Bis dahin geht es noch durch recht schöne Landschaft, langsam lasse ich die großen wieder Straßen hinter mir und die Strecken werden wieder einsamer.
Am Abend treffe ich dann Max und Sophia wieder, so heißen die Beiden. Sie kommen ebenfalls aus Deutschland, genauer Leipzig. Nach mehreren Monaten Arbeiten in Australien haben sie sich entschlossen Vietnam mit dem Motorrad zu bereisen. Wir verstehen uns wunderbar, was mir besonders zusagt, ist auch die Tiefe der Gespräche, die wir führen. So verabreden wir uns für den nächsten Tag noch einmal.
Der bringt heute einen Pass mit sich. Früher schleifte ich meine Laune oft über dem Boden hinter mir her bei dem Gedanken an die Anstrengung einer Passüberquerung. Doch mittlerweile habe ich aus Erfahrung gelernt, dass solche Überquerungen häufig die schönsten und belohnensten Momente sind. Das ist heute nicht anders. Strahlender Sonnenschein, überall grünt es und herrliche Ausblicke. Traumhaft. Dazu kommen exzellente Straßen mit leichter Steigung. Was will man mehr?
Einzig etwas müde bin ich, die langen Gespräche von gestern Nacht haben mir ein paar Stunden meines Schlafes geraubt. Es hat sich zwar gelohnt, aber jetzt bin ich etwas träge. So greife ich heute zu einem Kaffee. Normalerweise bin ich beim Radfahren kein Fan von diesem und mir wird auch schnell wieder bewusst warum. Schlägt das Herz durch die Anstrengung allein schon schneller, bestärkt Kaffee den Herzschlag noch. Da ich das Koffein nicht gewohnt bin und gleich zwei Tassen heruntergekippt habe, kämpfe ich mich nun zitternd-unruhig und hyperaktiv den Berg hoch. Die daraus resultierenden Gesangseinlagen bleiben auf der ruhigen Passstraße glücklicherweise die meiste Zeit ungehört.
Die Rückseite des Passes ist in Wolken und Nieselregen getaucht. Das macht sich zusammen mit dem dichteren Wald ganz wunderbar.
Am Abend treffe ich Max und Sophia. Das Angenehme, da sie doch etwas schneller sind, muss ich mich nicht um die Unterkunft kümmern. Und heute verhandeln die Beiden ein ganz exzellentes Angebot, für nur sechs Euro habe ich ein Zimmer mit Badewanne.
Am darauf folgenden Morgen, legen wir Da Nang als gemeinsames Ziel fest. Damit geht es aus den Highlands an die Küste. Normalerweise wäre die Strecke gut machbar, jedoch entfesselt das Wetter heute eine ungewohnt starke Hitze. Wieder und wieder zwängt mich diese zu einer Pause in den Schatten, da mein Herz bei zu langer Fahrt in diesen Konditionen ungesund schnell zu schlagen beginnt. Die Folge, ich erreiche heute Abend nur eine Kleinstadt in der Nähe Da Nangs.
Aber auch Max und Sophia gefällt es in Da Nang nicht und weichen in eine nahe Stadt aus. Wir verabreden uns weiter nördlicher wieder, um die Grenze nach Laos gemeinsam zu überqueren. Nach den langen Bergetappen in den Highlands gönne ich mir aber erstmal eine zweitägige Pause.
Nach meiner Pause führt mich die Strecke über einen großen Highway an der Küste entlang. Die Straße bietet nicht allzu viel Abwechslung. Einmal werde ich noch von einer Vietnamesin auf dem Rücksitz eines Motorrads angesprochen und wir haben ein nettes Gespräch. Das bringt mich ein wenig ins Grübeln, da so etwas auf der Tour nicht allzu häufig passiert ist. In Indien und den muslimischen Ländern waren die Frauen sehr unterdrückt, da war es in Nepal schon etwas Besonderes sie Fahrradfahren zu sehen. Und in Osteuropa wurde ich generell nicht so häufig angesprochen. In Südostasien ist das aber gottseidank anders.
Zwei Tage folge ich der Küste. Einmal treffe ich noch Max und Sophia in einer Stadt namens Hue, mache mich dann aber früher Richtung Grenze auf, da ich doch etwas langsamer bin. Ich habe den Beiden angeboten, ihnen beim Grenzübergang zu helfen. Die Sache ist, dass Max eigentlich keinen Führerschein besitzt. Kann er in Vietnam und Laos noch problemlos fahren, stellt sich ein Grenzübertritt als schwieriger heraus. Da ich aber einen internationalen Führerschein besitze, müsste ich das Moped problemlos über die Grenze fahren können.
So haben wir den Übertritt auf den 22. Juli festgelegt. Von der Küste geht es deswegen Richtung Laos, zurück in das Landesinnere. Je näher Laos kommt, desto bewaldeter und desto weniger bevölkert wird die Umgebung.
Gegen Mittag holen mich Max und Sophia ein. Damit wir etwas schneller sind, habe ich ein Seil organisiert, mit dem wir mein Fahrrad an Max Moped hängen. Ob das gut gehen kann? So fährt es sich jedenfalls mit 40-50 gen Grenze. Ein Heidenspaß, solche Geschwindigkeiten erreiche ich normalerweise nur bergab.
Das Seil hält gottseidank, niemand landet im Straßengraben und auch sonst gibt es keine Unfälle. Einzig ein paar komische Blicke ernten wir, gerade von LKW-Fahrern, die realisieren, dass sie von einem Fahrrad überholt werden.
Zehn Kilometer vor der Grenze kommt dann Max aufs Fahrrad, ich aufs Moped. Das Mopedfahren habe ich zum Glück schnell heraus, nicht dass ich an der Grenze noch einen Grenzpolizisten über den Haufen fahre.
Der Übergang nach Laos gestaltet sich dann aber einfacher als gedacht, so sonderlich interessiert es keinen, dass wir Mopeds dabei haben. Trotzdem radelt Max noch die letzten 20 Kilometer hinter der Grenze um nicht aufzufallen. Er hat dabei ganz schön zu kämpfen und ich erinnere mich an meine ersten Tage auf dem Reiserad. Mit fast 50 Kilogramm ist das Ding auch ganz schön kraftintensiv in Bewegung zu halten.
So fahren wir am Abend zusammen in den Sonnenuntergang, ein Happy End für alle Beteiligten. Max und Sophia haben die Möglichkeit in Laos weiter zu reisen und ich hatte heute Spaß und Abenteuer abgeschleppt zu werden und zur Abwechslung einmal ein motorisiertes Zweirad zu fahren.
Datum: 11. Juli 2016 - 24. Juli 2016
Hallo Samuel,
ich freue mich über all deine Berichte und Videos. Sie vermitteln mir immer so eine gewisse Leichtigkeit des Seins. Du hast bestimmt auch schon viele anstrengende Tage und Wegstrecken hinter dir, aber du vermittelst auf deiner Tour, dass du dich auf jeden Tag neu einlässt, aufraffst, durchhälst und selbst nach anstrengenden Passanstiegen dein Blick noch offen ist, für die Schönheit herrlicher Landschaften…
Liebe Grüße
Teresa
Hallo Teresa,
schön, dass ich das so rüber bringen kann, so fühlt es sich auch oft an!
Liebe Grüße
Samuel
Ich denke, das ist das Gute daran, wenn man mit einer Reisegruppe unterwegs ist. Denn, wenn ich in einem fremden Land einen Abschleppdienst rufen müsste, würde mir das wirklich Angst machen. Aber, wenn ich einen Freund dabei hätte wäre das doch schon viel eher ein Abenteuer.