Eines Morgens ist es dann so weit. Ich packe meine Radtaschen und bereite mich auf den Start vor. Richtig bereit fühle ich mich nicht, aber das, so habe ich gelernt, heißt nie etwas. Die gleichen Gedanken wie nach meinem Aufenthalt in Rishikesh gehen mir durch den Kopf. „Ob ich das überhaupt noch kann?“ Ich lasse mich am Besten erst gar nicht auf eine Diskussion mit ihnen ein.

Ich verabschiede mich noch von Freunden unserer Familie, die mich herzlichst in Bangkok aufgenommen habe. Ein riesen, riesen Dankeschön dafür!!!

Dann geht es auch schon los. Zu allererst ins Getümmel. Aka Bangkoks Großstadtverkehr. Aber nach Indien ist das hier wie Erholungsurlaub im Südseeparadies. Über das viel gehörte Urteil, dass Bangkok laut und chaotisch ist, musste ich öfters schmunzeln. Als ich hier her kam empfand ich die Stadt als ruhig und geordnet. Indien prägt mich in dieser Hinsicht. Ich bin alleine schon froh, dass es Spuren gibt, die eingehalten werden und mir keine Fahrzeuge auf meiner Fahrbahn entgegenkommen. Und dann sind da ja auch noch Ampeln und es fehlen Schlaglöcher und das Dauergehupe. Herrlich.

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Gegen Mittag lasse ich das Stadtgebiet langsam hinter mir. Ich habe eine Snack aus Mangostan und kurz nach dem ich wieder aufbreche taucht ein japanischer Reiseradler hinter mir auf. Er ist über Taiwan, die Philippinen und Malaysia bis nach Thailand gefahren und jetzt geht es für ihn nach Vietnam. Danach hat er geplant von Europa aus nach Hause zu radeln. So kann ich ihm ein paar Tipps von meiner Route mit auf dem Weg geben. Fast alle Langzeit-Reiseradfahrer haben eines gemein, sie sind sau cool drauf. Leider müssen wir uns zwei Stunden später schon wieder trennen, wir haben andere Routen und Planungen.

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So geht es wieder allein weiter übers Land.

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Thailand ist wunderschön zum Radreisen. Die Straßen sind klasse. Also wirklich gut, nicht nur fehlen die Schlaglöcher, auch der Teer ist schön glatt. Die Leute sind außerordentlich freundlich und das Essen ist auch lecker. Viel mehr brauchen Reiseradler eigentlich auch nicht um glücklich zu sein. Rückenwind und gutes Wetter vielleicht noch.

Doch für mich zählt auch Regenwetter zum guten Wetter und so begrüße ich das frische Nass, dass am Nachmittag dann vom Himmel tropft, freudig. Momentan ist Regenzeit und so werde ich mich in den kommenden Tagen wohl noch öfters auf eine Erfrischung einstellen können. Fast schon befremdlich, da ich seit dem Iran nur einmal wirklich Regen gehabt habe.

Gegen Abend esse ich noch einen Papayasalat. Sehr lecker, aber auch, mit zwei Chiliechoten, sehr scharf.

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Da es bereits um 06:30 dunkel wird, mache ich mir ab 05:00 langsam Gedanken um das Übernachten. Unterkünfte fallen hier flach, ich habe meine Route mal wieder so abseits gelegt, dass es diese hier schlicht nicht gibt. Auf meiner Karte kann ich aber in etwas Entfernung einen buddhistischen Tempel ausmachen. Das klingt viel versprechend.

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Der Tempel stellt sich als doppelter Glücksgriff heraus. Nicht nur kann ich dort mein Zelt aufschlagen, ich treffe auch auf Mountainbiker, die mich am Abend dann noch zum Essen einladen. Da fühle ich mich ja glatt an den Iran erinnert. Eine solche Gastfreundschaft wie in Iran, Indien oder jetzt auch hier in Thailand, ist meines Erachtens etwas so wertvolles. Schade, dass man dies vielerorts nicht mehr findet.

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Am Abend krieche ich dann in mein Zelt. Der Duft, der mich drinnen erwartet, scheint mir altbekannt. Etwas unromantisch riecht es zwar nach synthetischen Outdoorstoffen, aber es weckt allerlei Erinnerungen an meine Nächte in den Wäldern und Wiesen dieser Welt. Wunderbar, ich werde schöne Träume haben.

Am nächsten Morgen schlagen die Mönche die Glocke bereits um 04:00. Hatte ich mir eigentlich vorgenommen dies als einen frühen Start in den Tag zu nutzen, schlummere ich dann doch bis 07:00 weiter.

So verlasse ich den Tempel um 08:00 gen Osten. Für heute ist eine Strecke geplant, die auf der Karte über überaus kleine Straßen führt. Ich habe ein bisschen Angst, dass diese vielleicht in schlechtem Zustand sein könnten, doch selbst die kleinen Straßen sind noch schön geteert.

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Am Vormittag bleibe ich neben einem kleinen Nudelstand stehen. Da mir die Besitzer so herzlich und offen zulachen, setzte ich mich dort hin und bestelle eine Nudelsuppe. Als sie von meiner Geschichte hören, wollen sie mir gleich das Essen komplett spendieren! Ich winke dankend ab, ich denke, dass es etwas unfair wäre, der Teller kostet nur 50 Cent. Dafür nehme ich die zwei Wasserflaschen an, die sie mir noch geben.

Diese kann ich heute nämlich gut gebrauchen, die Sonne brennt nämlich mit einer sengenden Hitze vom Himmel. Und nicht nur das, ich habe auch völlig vergessen eine Sonnencreme einzupacken. Bisher habe ich nie eine gebraucht, da ich ja an die Sonne gewöhnt war. Doch jetzt nach eineinhalb Monaten Pause und dem steilen Einfallswinkel der Strahlen in Südostasien…

Meine Arme sind bereits rot, doch ich kann mir behelfen indem ich Arm- und Beinlinge, Handschuhe und Kopftuch aufsetzte. Einzig ein Loch, das der Klettverschluss der Radhandschuhe nicht einschließt, bleibt offen und muss notdürftig mit Klopapier gestopft werden. Das Ganze wird aber trotzdem noch ein Nachspiel haben.

So gekleidet kämpfe ich mich massiv schwitzend in Richtung einer Stadt namens Khao Chakan vor. Khao Chakan ist etwas größer und so das Ziel des heutigen Tages. Über ihr Antlitz ragen zwei mächtige Felsformationen, die schon aus Kilometer weiter Entfernung zu erkennen sind.

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Am Fuße dieser Felsen hausen Scharen von Affen. Als ich dort ankomme werden sie gerade von zwei Thais mit Wassermelonen gefüttert. Ehrlich gesagt hätte ich ja auch gerne so ein Stück.

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Da ich in der Stadt keine offensichtliche Unterkunft finde, fahre ich weiter, vielleicht habe ich ja abermals Glück bei einem Tempel. Leider Fehlanzeige. Erst mit der Hilfe einer Thai finde ich eine Unterkunft in Khao Chakan. Ihr Mann war Amerikaner und so spricht sie gut Englisch und wir unterhalten uns eine Weile.

Da ich hundemüde bin esse ich danach noch etwas, dann begebe ich mich für heute auch schon in Morpheus Arme.

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Datum: 19. Juni 2016 - 20. Juni 2016

2 Kommentare

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  • Hallo

    Beeindruckend
    Wo doch in den Nachrichten immer von Krieg Gewalt usw berichtet wird
    herrscht doch noch ein wenig Menschlichkeit und Gastfreundschaft
    🙂

    Immer viel trinken und Essen

    Bis zum nächsten Video

    • Hallo Chris,
      die Welt ist viel friedlicher und freundlicher als in den Nachrichten. Aber das wäre ja langweilig zu zeigen. 😉

      Beste Grüße
      Samuel

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