Der nächste Morgen beginnt erst einmal gut ausgeschlafen im Hotel. Beim Büffet kuckt der Rest etwas komisch, da ich nur haufenweise Marmeladenbrote esse, obwohl eine Pracht an Speisen aufgefahren wurde. Leider sind diese aber nicht vegan. Als ich wieder in meinem Zimmer bin, merke ich, dass die Sonne Spuren hinterlassen hat. Auf meiner Hand ist der Abdruck meines Fahrradhandschuhs zu sehen.

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Als ich alles zusammen gepackt habe gehe ich an die Rezeption um auszuchecken und erlebe gleich mal ein Wunder! Über Nacht ist der Preis von 15€ auf 40€ angestiegen. Hurra! So will man seinen Tag beginnen. Die Frau hinter der Rezeption merkt, dass ich sauer bin und erlässt mir zu mindestens noch 10%. Das ändert aber nichts an meiner Laune.

Und so grummel ich erst einmal die nächsten Kilometer vor mich hin. Doch Gott sei Dank dauert es nicht lange und die Türkei zeigt sich wieder von einer schöneren Seite. Als ich durch die nächste größere Stadt komme, werde ich von einem älteren Herren herüber gewunken und zum Cay trinken eingeladen. Er kann etwas Deutsch und so unterhalten wir uns ein bisschen über Gott und die Welt.

Das gibt mir dann zu mindestens für ein paar Kilometer wieder Auftrieb. Ich muss heute mindestens 110 Kilometer schaffen, damit ich morgen nur noch 100 Kilometer bis Istanbul vor mir habe. Mir sitzt aber noch der gestrige Tag in den Muskeln. Ich versuche einfach möglichst wenig an das Ziel zu denken und so vor mich her zu paddeln. Denn eines habe ich bereits gemerkt: wenn ich kein festes Ziel für den Tag habe sind 130 Kilometer kein Problem. Aber wenn ich mir 100 Kilometer für den Tag vornehme, sieht das ganz anders aus. Die ganze Zeit muss ich dann daran denken, wie weit mein Ziel noch weg ist. Deswegen schaffe ich an Tagen mit festem Ziel lange nicht so viel.

So geht es Kilometer um Kilometer, bergauf, bergab, Richtung Istanbul. Als es bereits spät am Nachmittag ist, will ich eine Pause an einer Tankstelle machen. Ich setzte mich gerade auf eine Bank neben die Tankstelle, da kommt ein Angestellter der Tankstelle zu mir. Nichts da! Auf die Bank hocke ich mich nicht! Ich werde schön zum Cay Tee trinken eingeladen. Toll! Ich beginne die türkische Gastfreundschaft zu lieben. Nach dem Teetrinken pumpen sie mir sogar noch meine Reifen wieder auf die vollen 5 Bar auf.

Am Abend komme ich durch die Stadt Saray, von dort sind es nur noch etwa 25 Kilometer, bis ich mein Tagesziel erreicht habe. Und so gebe ich Gas, um mein Zelt nicht in der Dunkelheit aufbauen zu müssen. Auch eine Einladung auf ein Bier muss ich deswegen links liegen lassen. Aber irgendwann erreiche ich das Schild, auf das ich den ganzen Tag gewartet habe.

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Nicht viel später suche ich mir einen Zeltplatz im Wald. Ich baue mein Zelt auf und will mich in meinen wohl verdienten Schlaf wiegen, da gibt es ein Problem. Ich sitze kerzengerade im Zelt. Nanu, was ist denn jetzt los? Da dämmert es mir. Cay wird wahrscheinlich ein schwarzer Tee sein! Und nach den vier Tassen heute ist an einschlafen erstmal nicht zu denken. Erst nach ein paar Stunden kann ich mich in Morpheus Arme begeben. Um 4:00 werde ich denen aber wieder kurzzeitig entrissen. Da schallt der Gesang des Muezzin auf einmal aus dem nächst gelegenen Dorf zu mir herüber. Mitten in der Nacht! Daran werde ich mich die nächsten 4000 Kilometer wohl gewonnen müssen.

Den nächsten Tag beginne ich erstmal mit leerem Magen. Ich habe nicht mehr viel zum Essen dabei und so halte ich Ausschau nach einem Obststand am Wegesrand. Nach etwa dreißig Kilometer findewerde ich fündig. Ich will mir eine Wassermelone kaufen, aber daraus wird nichts. Die Wassermelone bekomme ich geschenkt und obendrein gibt es noch Tomaten, Gurken und Paprika dazu, Habe ich schon mal erwähnt, dass ich die türkische Gastfreundschaft liebe?

Ansonsten bringt der heutige Tag etwas mehr Monotonie mit sich, denn nach vierzig Kilometer geht die Straße in eine Autobahn über. So komme ich zwar gut voran, es passiert aber nicht viel Spannendes.

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Das Einzige, das mir auffällt: Bis Istanbul komme ich an 4-5 Unfällen vorbei. Und manche davon sehen ganz schön heftig aus. Ob das an den Autofahrern oder Straßen liegt, weiß ich nicht. Die Anzahl ist aber auffällig.

Am Abend ist es dann so weit, ich erreich ich Istanbul! Hurra! All zu viel Energien zum Freuen ist aber gerade nicht übrig. Ich bin froh, dass ich eine feste Bleibe für die nächsten Tage habe. Über Warmshowers bin ich bei einem Amerikaner mit dem Namen Kerby untergekommen. Wie sich herausstellt, verstehe ich mich sehr gut mit Kerby und bleibe zwei Wochen. Wobei ich bis heute nicht weiß, wo die Zeit in diesen zwei Wochen geblieben ist. So viel habe ich nämich gar nicht gemacht.

Während ich in Istanbul bin unternehme ich einen Ausflug zum alten Teil der Stadt und schaue mir dort unter anderem die Blaue Moschee an.

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Nach ein paar Tagen stoßen auch noch zwei französische Gäste dazu und zu viert unternehmen wir einen Badeausflug zu ein paar Inseln, die südlich von Istanbuls liegen.

Ansonsten lasse ich noch mein Rad vom letzten Rohloffhändler bis Bangkok warten und bin zum Schluss noch zwei Tage flach gelegt, da ich Probleme habe, ein paar türkische Speisen zu verdauen.

Mit Istanbul ist nun der erste Meilenstein meiner Tour geschafft! Der nächste Meilenstein liegt nun rund 4000 Kilometer weiter vor mir und heißt Dubai. Bis dahin werden aber noch viele Dinge geschehen. Es bleibt spannend.

Datum: 29. August 2015 - 11. September 2015

2 Kommentare

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  • Lieber Samuel,
    ich bin echt stolz auf meinen Bruder! 🙂
    Es ist wirklich toll und beeindruckend zu lesen, was du schon alles gemeistert hast.
    Viele neue Erfahrungen hast du jetzt hinter dir und wahrscheinlich liegen noch genauso viele vor dir. Ich wünsch dir Motivation für jeden weiteren Tag, so wie Spaß und vor allem gutes Wetter. Und solltest du mal Trübsal blasen, denk einfach an mich, wie ich in der Schule sitze und lernen muss ! 😀
    Freu mich neues über dich und deine Reise zu lesen ! 🙂
    Liebste Grüße Tamara

    • Vielen Dank Schwesterherz! Das mit der Schule merk ich mir.^^ Wobei die Schule im Nachhinein echt gemütlich war. Genieß die Zeit noch! 😉

      Liebe Grüße

      Samuel

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