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Geheimpolizei im Iran

Als ich Divandarreh am Morgen verlasse, hat es über Nacht geschneit. Und auch die Temperatur ist weiter gesunken. Nach den ersten paar Minuten auf dem Rad, wird mir klar: so kann es nicht weiter gehen. Ich spüre ja nicht einmal meine Finger mehr.

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Ich wäge kurz ab und entscheide ich mich dazu, bis Hamadan zu trampen. Das sind über 200 Kilometer und deswegen sollte es dort etwas wärmer sein.

Nachdem ich eine geeignete Straßeneinbuchtung gefunden habe, beginne ich meinen Finger raus zu halten. Es dauert auch nicht lang, da hält das erste Auto an. Es sieht zwar etwas klein für mein Rad aus, aber nach gestrigem Erlebnis weiß ich, es passt da schon irgendwie rein. Ich stecke also meinen Kopf in das herunter gekurbelte Fenster und erblicke einen lächelnden Iraner. Was ich denn hier mache, ist seine erste Frage. Ich erkläre, dass ich gerade versuche nach Hamadan zu kommen und nicht radeln will, da es eiskalt ist.

Die Konversation verläuft schleppend, da der Mann nur ein paar Brocken Englisch spricht. Als ich ihm nach einer viertel Stunde endlich beigebracht habe, dass ich nach Hamadan will, meint er, dass er in Divandarreh jemanden kenne, der mir helfen könne. Langsam werde ich etwas ungeduldig. Ich will nicht nach Divandarreh zurück und irgendeinen Bus nehmen, das ist mir zu teuer! Ich will hier einfach nur trampen. Ich versuche ihm das Ganze zu erklären, aber er versteht es nur wieder nicht und beginnt auf Farsi zu brabbeln. Ich sage nur „No Farsi, no.“ Und der Mann? Der lacht nur und brabbelt weiter auf Farsi. Das kann ich ja gar nicht haben.

Ich wende mich deswegen wieder von dem Auto ab und versuche einfach, mit meinem ursprünglichen Plan fortzufahren. Jedoch mit wenig Erfolg, da jeder denkt, ich hätte ja schon jemanden gefunden. Nämlich diesen Iraner, der immer noch neben mir steht. Wieso steht er denn immer noch neben mir?

Ich beuge mich also nochmals freundlichst ins Fenster, nur um wieder einen Schwall Farsi ab zu bekommen. Langsam beginne ich wirklich ärgerlich zu werden. Da steht dieser Iraner mit seinem Auto, verhindert, dass ich trampen kann und quatscht mich die ganze Zeit in Farsi voll, stets über beide Ohren grinsend.

Als ich ihm das nicht mit Worten, bzw. englischen Worten beibringen kann, bin ich kurz davor diesem grinsenden Honigkuchenpferd einfach „Piss off!!!“ ins Fenster zu rufen. In diesem Moment hält ein zweites Auto mit zwei weiteren Iranern. Synchron steigen alle drei aus ihren Autos und nähern sich mir. Als sie knapp vor mir stehen, heißt es: „Passport please.“

Ach du Kacke! Geheimpolizei! Na das wäre ja lustig geworden, wenn ich dem Polizisten „Piss off“ in sein Fenster geschrien hätte! Auf einmal bin ich ganz kleinlaut. Aber Moment! Ist das wirklich die Polizei? Ich äußere meine Zweifel und die drei Zeigen mir einen Ausweis, natürlich in Farsi. Da dieser mich immer noch nicht überzeugt, bekomme ich auch noch eine Uniform zu sehen. Nun gut…

Ich lasse die drei meinen Reisepass kontrollieren und gottseidank läuft alles glatt. So verlassen uns die zwei hinzu gestoßenen Polizisten schnell wieder. Nur der Grinsekuchen vom Anfang bleibt. Er schlägt mir vor, mich doch bis Hamadan mitnehmen zu können – natürlich gegen einen kleinen Preis für die Unkosten.

So klein ist dieser Preis aber gar nicht und ich deswegen nicht einverstanden. Wir beginnen zu verhandeln und da ich knallhart bleibe, sinkt der Preis und sinkt und irgendwann sind wir bei 0 Rial angelangt. Super!

Bleibt nur noch die Hürde das Rad in seinem Auto zu verstauen. Dabei steckt es mehrere Male fest und ich muss mich bei der Vorstellung, wie er das seinem Vorgesetzten erklären würde, krümmen. Als ich zum Polizisten schiele, lacht er unerwarteter weise mit.

Nach über einer halben Stunde rollen wir dann endlich los. Am Fenster zieht die Landschaft vorbei, ein letztes Mal kann ich den Blick auf die beschneiten Berghänge genießen.

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Zur Mittagszeit halten wir neben der Straße und der Polizist holt Decke und Wasser aus dem Kofferraum. Dann wäscht er kurz seine Füße und Hände und fängt an zu beten. Äußerst interessant ihm zuzuschauen.

Am Nachmittag erreichen wir eine Stadt ca. 60 Kilometer vor Hamadan. Und dort passiert etwas, was so auch nur im Iran passieren kann. Wir fahren in die Stadt ein und halten vor einem Haus. Dann frägt mich der Polizist, ob ich denn Hunger hätte. Und in der Tat, das habe ich.

So verschwindet er kurz in dem Haus und kommt mit einem älteren Mann und einer älteren Frau wieder, die sich als sein Vater und seine Mutter herausstellen. Die Beiden laden uns in ihr Haus ein und servieren dort etwas zu essen. Langsam dreht sich meine Meinung über den Polizisten, er scheint ja doch wahnsinnig nett zu sein. Mittlerweile tut es mir fast schon ein bisschen leid, dass ich den Preis so weit runter gehandelt habe.

Wir bleiben fast eine Stunde, dann brechen wir wieder auf. Der Polizist erklärt mir, dass er zurück nach Divandarreh muss, da es schon spät ist. Aber er würde mir noch eine Weiterfahrt organisieren.

So parken wir neben der Straße und der Polizist beginnt alle möglichen Pickups und LKWs anzuhalten. Nach ein paar Minuten braust ein LKW voll durch eine Pfütze neben uns und spritzt den Polizisten voll. Uhhh… ich drehe mich ein bisschen weg, da ich erwarte, dass er gleich vor Ärger aufbraust. Doch er dreht sich nur lächelnd zu mir und sagt: „It’s cold, isn’t it?“ Dem ist das Lachen wohl wirklich nie auszutreiben…

Nach zahlreichen, angehaltenen Autos findet der Polizist schließlich einen LKW, der mich, sogar komplett kostenlos, bis nach Hamadan mitnimmt.

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Was eine Begegnung, denke ich mir nur als ich in diesem LKW dann Richtung Hamadan düse. Der lachende Polizist – so wird er mir wohl noch lange in Erinnerung bleiben. Sein Grinsen konnte ihm wohl wirklich nichts austreiben.

In Hamadan werde ich dann kurz nach meiner Ankunft von einem Iraner eingeladen. Er hat eine Familie und seine Frau kocht für uns. Nach dem Essen, frägt er mich etwas, was ich nicht genau verstehe. Ich sage einfach, dass alles für mich okay ist, um keine weiteren Umstände zu verursachen. Die Frage war wohl, wo ich schlafen möchte. Als ich das verstehe, ist die Familie aber schon in ein in das kleine Kinderzimmer gezogen. Und ich kann meinen Gastgeber auch nicht mehr anders überzeugen. So liege am Abend, ich in meinem Bett, in dem zwanzig auf zwanzig Meter großen Wohnzimmer und denke mir, was ich da schon wieder angestellt habe.

 

Abschließend wollt ich mich nochmal für den Mangel an Blogposts in der letzten Zeit entschuldigen, es war einfach zu viel los in Dubai. Indien Visum hin, Indien Visum her, wenn ihr versteht, was ich meine. Ab jetzt sollten die Einträge aber wieder regelmäßig kommen.

 

Datum: 2. November 2015

4 Kommentare

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  • Hallo Samuel,

    schon lange drängt es mich, dir zu schreiben: …absolut überwältigend, was du da machst! Die Tatsache, dass ich mich bislang nicht regelmäßiger gemeldet habe, beschämt mich jetzt fast ein wenig. Bitte setz‘ das nicht in Relation zu meinem Interesse an deiner schier unglaublichen Unternehmung. Meine erste Aktion jeden Morgen nach dem Hochfahren des Rechners ist inzwischen zu sehen, ob es Neuigkeiten von dir gibt. Mit Spannung und voller Neugier erwarte ich schon die informativen wie amüsanten Berichte bzw. sehe mit Vorliebe deine toll gestalteten Video-Clips. Dass du dies von unterwegs alles so hinbekommst, ist ebenso beeindruckend. In diesem Zusammenhang danke ich dir auch, dass du uns neben den schönen Reiseberichten in einer wunderbar offenen Art an deinen tiefen persönlichen Gefühlen und Erfahrungen auf dieser Reise teilhaben lässt, was mich ganz besonders berührt hat. Da wir ja schon gemeinsame Radtouren hinter uns haben, fällt es mir um so leichter, dich in meinen Gedanken zu begleiten und kann dann die Sehnsucht nach der Freiheit spüren, von der du auf deiner Reise getragen wirst.

    Kürzlich war ich in Füssen und wollte dem Köpf Sepp seinen Reisebericht zurückgeben. Leider konnte ich ihn nicht antreffen, da er gerade wieder in Brasilien weilt. Ich freue mich schon darauf, dabei sein zu dürfen, wenn zwei Abenteurer und Weltenradler zusammenkommen, um ihre Eindrücke und Erfahrungen auszutauschen. Dass beide Reisen auf ähnlicher Route in einem Zeitabstand von fast 40 Jahren stattgefunden haben, würde dieser Begegnung einen einzigartigen Charakter verleihen.

    Für die zweite Hälfte deiner Unternehmung wünsche ich dir von Herzen alles erdenklich Gute, verbunden mit dem Bemühen, mich jetzt regelmäßiger bei dir zu melden.

    Liebe Grüße

    Rainer mit Familie

    • Hallo Rainer,

      ganz, ganz vielen Dank für deine herzlichen Worte! Freut mich total von dir zu hören und freut mich auch total, dass dir meine Artikel und Videos so gut gefallen. Wirklich! 🙂

      Aprops Sepp, falls es ihn interessiert kannst du ihm ja auch meine Blogadresse geben, wenn du ihn das nächste mal siehst. Und auf das Treffen freue ich mich auch schon!

      Liebe Grüße und bis bald!

      Samuel

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