Heute ist mein Geburtstag. Und ich bekomme sogar Geschenke. Zwei Bücher über den Heiligen der Schule, in der ich heute übernachtet habe. Der Schulleiter ruft sogar eine kleine Schülerversammlung wegen meines Geburtstages ein. Zum Frühstück gibt es dann noch einen Art gepufften Reis in Curry gekocht. Wahnsinnig lecker aber wahnsinnig scharf. Nach dem Frühstück breche ich dann auf.
Ich sitze etwa eine halbe Stunde auf dem Rad, da erreiche ich ein kleines Dorf. Überall auf den Straßen liegen braune Würste herum. Ich wundere mich, doch erst als ich einen Inder beim Exkrementieren sehe, trifft es mich wie der Schlag. Der straßenverzierende Schokopudding stammt von Menschen! Von dunkel über hell bis zu fest und flüssig. Alles lässt sich auf dieser Straße finden. Im Zickzackkurs versuche ich auszuweichen. Slalomfahren mal anders sozusagen.
Das sind wiedermal die Gegensätze Indiens. Auf der einen Seite Atommacht, auf der anderen Seite haben viele Menschen noch keinen Zugang zu Toiletten. Auf der einen Seite, so berichten mir Inder, verschwindet viel Geld durch Korruption und auf der anderen Seite ist die Infrastruktur mancher Orts in katastrophalem Zustand.
Auch in den nächsten Dörfern wird das Wurstgeschäft auf den Straßen abgewickelt. Jedoch mehr und mehr auch auf Feldern und in Büschen. Felder und Büsche kann ich ja noch verstehen. Dazu bin ich ja selbst gezwungen. Aber auf der Straße? Am Schluss wir man noch überfahren beim K… Nun gut. Lassen wir das.
Später am Vormittag raste ich gerade neben einer Art Minitempel. Da zieht ein Hirte langsam mit seinen Kühen vorbei. Er bleibt am Tempel stehen, fällt auf die Knie und verbeugt sich mehrmals. Dann zieht er weiter. Wie überzeugt doch immer ein jeder von seinen Göttern ist. Ich marschiere direkt in das kleine Heiligtum hinein um mir die Figuren mal etwas genauer anzuschauen. Ein bisschen gruselig sehen diese ja schon aus.
In diesem Moment fällt mein Rad wie von Geisterhand um. Na da hat mein ungepflegtes Tun wohl jemandem nicht gefallen. Eine Bestrafung der Tempelgötter? Fast könnte man abergläubisch werden. Und damit nicht genug. Mein Fahrrad fällt ein zweites Mal um, was mir bis jetzt eigentlich fats nie passiert ist. Dann kommt Gegenwind auf. Mein Getränkehalter reißt ab. Und ich verliere auch noch eine Schraube.
Wäre ich tatsächlich abergläubisch, würde ich nun wirklich glauben, dass mein Missachten der Tempelgötter ihren Zorn auf mich gelenkt hat. Aber Gottseidank lässt der Spuk gegen Nachmittag langsam nach.
Später bin ich gerade in einer kleinen Stadt, da erschallt der Gebetsruf des Muezzins. Auf einmal bin ich wieder in den Weiten des Irans und über den Dächern Istanbuls. Ich genieße es richtig. Nie hätte ich das gedacht, lag ich doch anfangs so im Zwist mit ihm, als er mich täglich aus den Federn geholt hat. Mittlerweile ist er aber eine lieblich vertraute Melodie für mich geworden.
Am Abend erreiche ich dann eine kleine Stadt namens Umarga. Mein Plan ist, in ihr Zentrum zu fahren und mir ein günstiges Hotel zu suchen. Ich bin aber kaum in der Stadt, da will ich nichts als weg. Durch sie hindurch fahren etliche LKWs und andere Fahrzeuge. Überall ein Gehupe und Gedrängel und sobald ich stehen bleibe, sammelt sich schnell eine Gruppe um mich. Genug! Mein Fluchtinstinkt gewinnt und kaum drin, bin ich auch schon wieder auf dem Weg nach draußen.
Da finde ich gottseidank einen Tempel. Ich weise noch ein paar Verfolger aus der Stadt ab, die mir doch tatsächlich mit einem Motorrad nachgekommen sind. Dann gönne ich mir erstmal ein Marmeladenbrot.
Auf die Frage, ob ich den hier zelten könne, bekomme ich die Antwort, dass das hier ein religiöser Ort ist und ich auch frei von Kosten drinnen schlafen könnte. Na da sage ich nicht nein.
Drinnen leben ein Tempelpriester, eine Hausfrau und ein älterer Herr. Ich bekomme ein Bett neben dem älteren Herren zugewiesen. Ich unterhalte mich ein bisschen mit ihm, während die Frau etwas zu kochen beginnt. Da sie keinen Herd sondern nur eine offene Feuerstelle besitzen ist die Küche schnell komplett zugeraucht. Ich bekomme kaum noch Luft und muss stetig husten, so dicht wabert der Rauch. Letztlich setzte ich mich ganz tief auf den Boden um dem Ganzen wenigstens ein bisschen zu entgehen. Auch eine Toilette besitzen sie nicht und so pinkeln alle vor dem Tempel auf die Wiese. Man stelle sich das mal in Deutschland vor. Wir meckern ja schon wegen weitaus unbedeutenderen Sachen.
Das Essen der Frau schmeckt jedenfalls vorzüglich auch wenn es äußerst einfach ist. Es gibt Reis, einen kleinen Getreidefladen und eine Art Zwiebelsoße.
Danach lege ich mich mit überfüllten Magen auf das blanke Holzbrett des Bettes. Gottseidank bin ich es gewohnt auf hartem Grund zu schlafen. Zufrieden lasse ich mich langsam in Morpheus Arme gleiten. Was für ein Geburtstag. Auch wenn ich schon längst wieder vergessen habe, dass heute mein Geburtstag war.
Datum: 17. Januar 2016
Hallo Samuel,
alles Gute zum Geburtstag. Ich verfolge seit einiger Zeit deine Reise, ich bewundere deinen Mut und Ausdauer. Ich hab mir schon sorgen gemacht, da du jetzt länger nichts geschrieben hast und deine aktuelle Position immer gleich ist.
Seit ich deine Berichte lese, weiß ich, dass ich auch eine Weltreise machen muss, es fehlt nur mehr die Genehmigung für ein Jahr Auszeit. Gratuliere dir noch wie toll du die Berichte und Videos machst. Alles Gute für die Weiterfahrt, und ein gesundes heimkommen, pass auf dich auf. lg. Peter Donnerer
Hallo Peter.
Dankeschön!
Ich bin jetzt für einen Monat in einer Stadt namens Rishikesh, vielleicht schreibe ich das besser zu der Karte dazu. Weltreise ist eine super Idee! 🙂
LG Samuel
Hallo Samuel,
ebenfalls alles Gute zum Geburtstag – many happy returns. Was machst du eigentlich, wenn du nicht unterwegs bist in Indien, oder radelst du wirlklich praktisch jeden Tag?
Herzliche Grüße
Hallo Herr Saling!
Ich bin jetzt von Tiruvannamalei bis Rishikesh so gut wie jeden Tag gefahren. Ich wollte nämlich bis zum 17.02 in Rishikesh sein, da hier ein spiritueller Lehrer aus Europa ein Treffen abhält. Und seit dem 17.02 nehme ich jetzt an diesem Treffen hier Teil. 🙂
Schöne Grüße
Samuel
Hallo Samuel,
Alles Gute für dich nachträglich.
Ich verfolge deine Reise schon recht lange da ich in etwa das selbe vorhabe wie du, von daher großen Respekt für dich, dass du all das schon erleben darfst und schon so weit gekommen bist. Mich würde es sehr interessieren welches Fahrrad du für deine Reise genommen hast (Typ, Reifen, Preis…) und wie oft du schon reparieren musstest und und und….
Alles Gute für deine Reise weiterhin.
Liebe Grüße Micha
Hallo Micha,
Ich hab hier ein paar Details zu meinem Rad: https://samuelontour.com/de/ueber-die-tour/ausruestung/
Reicht das? Ich hab das Ganze auch noch genauer. Reperieren musste ich bis jetzt nur Platte und Schrauben bei den Taschen. Sonts ist alles ganz. Und achja, einen Ölwechsel der Rohloff habe ich nach 7000km gemacht.
Schön, dass du dich dazu entschieden hast auch aufzubrechen! Wenn du noch mehr Fragen hast, ich antworte gerne. 🙂
LG Samuel
Hi Samuel,
Hey!
Belated Birthday wishes :-). Glad to know that you are doing well. Remember, we met in Lonar(Maharashtra). I was the one on the motorcycle 🙂 After such a profound conversation, you really inspired me. I’ve turned vegan since and it feels great. Follow your passion and let us dream. You are out of the ordinary. Great to follow your journey online. Continue this incredible journey and wish you great memories. Ride safe brother.
-Sassy
PS: Remember I told you – There need not be an end to this..
Hey!
Thank you! I totaly remember! Wow, greatjob turning vegan! I am sure you won’t regret it. You really inspired me as well. We had a really nice conversation that evening, it was very enriching! Hope to meet you again some day. 🙂
Samuel